<h3>Eine Petition für mehr Kreativität<br />in der Beziehung</h3> <p>Der Was-jetzt-alles-möglich-ist-Blick vs. Früher war mehr Lametta</p>
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Eine Petition für mehr Kreativität in der Beziehung

Informativ I

Und es wird anders...

Die durchzechten Nächte werden weniger. Lange Spaziergänge zu zweit auch. Unsere Geburtstagsfeiern beginnen und enden immer früher. Statt auf einem anderen Kontinent sollte unser nächstes Urlaubsziel bitte nicht weiter als vier Stunden entfernt liegen. Miteinander geschlafen haben wir früher irgendwie auch häufiger.

Mit fortschreitender Beziehungsdauer stellt sich gerne mal das Gefühl von früher war mehr Lametta ein. Als würde alles immer weniger. Die Schuldigen sind schnell ausgemacht: die Lebensumstände. Geht gar nicht anders. Unsere Arbeit hat uns gerade fest im Griff, die anderen haben schließlich auch so wenig Zeit, irgendwie hatten wir früher auch für alles mehr Energie. Und falls wir Kinder haben...

An diesen Diagnosen ist vieles Wahres dran. Und trotzdem bleibt da dieser Wunsch und die Hoffnung, dass nicht alles immer nur als weniger wird, sondern irgendetwas auch mehr. Schnell heißt es dann, dass der Beziehung Kreativität gut tun würde. Das stellt viele dann vor die nächste Herausforderung: Kreativ? Wer? Ich doch nicht!

Viel davon hat auch mit unserem Blick – unserer Perspektive –  auf unsere Beziehung und mit Veränderungen zu tun. Wenn ich die Art, wie wir unsere Beziehung gelebt haben als sie neu und frisch war, als Ideal ansehe und auch für alle weiteren Zeiten als Ziel setze, ist das ein sicherer Weg ins Unglück. Denn wie wir sind und was wir wollen, ändert sich, wenn wir 24 oder 37 oder 54 Jahre alt sind. Zum Glück! Damit ändert sich aber auch das, was wir heute als erstrebenswert und großartig empfinden im morgen.

Informativ II

... zum Glück?!

Beziehung ist immer Pionierarbeit. Ein Beispiel: Was habt ihr euch vor fünfzehn Jahren zu Weihnachten gewünscht und was steht dieses Jahr auf der Wunschliste? Vermutlich haben sich eure Lebensumstände geändert und dadurch auch eure Wünsche. Das funktioniert auch umgekehrt: Wünsche können Lebensumstände ändern! Für die Spielekonsole, die ihr euch damals gewünscht habt, hättet ihr heute gar nicht mehr genug Zeit.

Wenn ihr euch dieses Jahr den Kaffeevollautomaten wünscht, kann das natürlich aus der Haltung heraus passieren, dass alles andere ja sowieso keinen Sinn ergibt. Oder eben mit der Haltung, dass ihr eine bewusste Entscheidung trefft: Ein Sonntagnachmittag mit Freunden und gutem Kaffee hat gerade etwas Reizvolles für euch, im Gegensatz zu früher. Da wäre derselbe Nachmittag eben mit Freunden und der Spielkonsole verbracht worden. Ihr hättet euch aber auch für die Konzerttickets entscheiden können, die euch früher zu teuer gewesen wären. Durch andere Lebensumstände sind nun auch andere Dinge möglich, die früher gar nicht denkbar waren. Weil sie zu teuer oder egal gewesen wären. Oder weil ihr sie noch gar nicht kanntet.

Die Weihnachtswünsche lassen sich gut auf die Partnerschaft insgesamt übertragen: Wenn freitags jetzt häufiger der Serienabend zu zweit ansteht, kann man unterschiedlich darauf reagieren. Ich kann vor allem auf das blicken, was jetzt nicht mehr geht: Früher waren wir freitags noch so fit, da konnten wir bis 6 Uhr morgens durchtanzen und samstags dann den ganzen Tag ausnüchtern. Oder ihr schaut auf das, was jetzt möglich ist: Wenn wir jetzt sowieso zu Hause sind und die Getränke nicht mehr überteuert an der Bar kaufen, können wir uns jetzt auch endlich den Wein besorgen, den wir uns früher nicht geleistet hätten. Und morgen werden wir eben nicht den ganzen Tag über in den Seilen hängen und können den Tag genießen, ganz ohne Kopfschmerzen.

Dieser Was-jetzt-alles-möglich-ist-Blick macht deutlich, dass wir die Umstände durch unsere Ziele selber mitbestimmen können. Und er setzt Kreativität frei. Wo ich Möglichkeiten sehe statt Beschränkungen, komme ich auch auf bessere Ideen. Das hilft auch der Beziehung: Wenn ihr das Neue aufnehmet, ändert sich die Beziehung automatisch und wird nicht langweilig.

Kreativ

Kreativ sein in der Beziehung heißt nicht unbedingt, das Rad neu zu erfinden. Meist geht es einfach um einen Perspektivwechsel. Mit einem anderen Blick auf das, was sowieso da ist schauen und dabei etwas Neues entdecken. Der englische Street-Art-Fotograph Slinkachu macht es mit seinen Little-People vor, die er in der ganzen Welt verteilt:

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Aktiv

Ob Reiseportal, Shoppingseite oder Streaming-Dienst – bei vielen Online-Angeboten kann man eine Wishlist, Watchlist oder Ähnliches erstellen. Denn häufig stolpert man über Ideen, die großartig sind, jetzt im Moment aber nicht in den Kalender oder ins Portemonnaie passen. Wenn dann Zeit oder Geld da ist, sind genau diese Ideen häufig vergessen. Für solche Momente sind die genannten Listen praktische Speicherorte für die eigenen Ideen.

Für eure Beziehung machen wir hier jetzt eine Ideencloud auf: Tippe unten auf den Button. Dort öffnet sich dann ein "Medienpad". Den Text der dort steht kannst du löschen. Darin sammelt ihr Ideen unter dem Stichwort "Worauf ich (mal wieder) Bock mit dir hätte". Über den Teilen-Button der App, kannst du die Ideencloud auch an dein_e Partner_in weiterleiten. Mit dem Link könnt ihr dann immer wieder auf eure Ideencloud zugreifen. Wenn plötzlich ein freies Wochenende, ein freier Abend... auftaucht, für den ihr dringend noch eine Idee braucht, seid ihr perfekt ausgerüstet.

Segen

Guter Gott,

hilf mir meinen Blick zu weiten und gelegentlich zu drehen.
Auf die Geschenke, das Kreative im Alltag,
und auf das bunteste im Grau.
Lass mich häufiger fragen: „Was geht?“
Und seltener „Warum geht das nicht?“
Lass uns zu zweit stundenlang im Augenblick leben.
Lass uns über die lockeren Schrauben freuen, wenn uns mal etwas vom Hocker gehauen hat.
Lass uns nicht die untergehende Sonne sehen,
sondern die Erde, die sich immer weiter dreht.
Mach Platz in unseren Augen für kleine und große Wunder
und lass uns Spüren,
dass Kreativität keine abgehobene Fähigkeit ist,
sondern unser Blick auf deine große Welt.
Amen.

David Walbelder

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Fotos im Abschnitt "Kreativ": Copyright (C) 2012  by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg